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Sammy Gronemann
Sammy Gronemann wurde am 21. März – zu Frühlingsbeginn – 1875 in Straßburg/Westpreußen geboren. Als Sohn des Rabbiners Selig Gronemann und seiner Frau Helene wuchs er in einem religiösen Haushalt in Hannover auf und blieb zeit seines Lebens den jüdischen Gesetzen treu: „Ich kann meine Lebensgewohnheiten doch nicht alle dreitausend Jahre ändern.“ Gleichzeitig öffnete er sich dem deutsch-jüdischen Leben in der Moderne und absolvierte nach seiner Ausbildung in der Halberstädter „Klaus“ und im Berliner orthodoxen Rabbinerseminar auch ein Jura-Studium in Berlin.
Als junger Anwalt erlebte Gronemann, wie preußische Richter und Staatsanwälte dem jüdischen Leben mit Unverständnis begegneten – und, wie zahlreichen deutschen Juden in ihrer Bemühung, sich an die Gesellschaft anzupassen, ihr Judentum verlorenging. Das brachte ihn, nach vielen Zweifeln, zur Zionistischen Bewegung, der er sein Leben lang als Redner, als Anwalt, und auch als Kritiker, diente. Die Errichtung eines jüdischen Staates in der biblischen Heimat erschien ihm als die richtige Lösung, auch wenn er selbst Palästina nur einmal (1929) besuchte.
Eine wichtige Erfahrung war für ihn der Erste Weltkrieg, den er vor allem nach 1916 im Stab „Ober-Ost“ in Bialystok und Kowno (Kaunas) verbrachte. Als Mitglied des „Clubs ehemaliger Intellektueller“, zu dem auch Arnold Zweig und Hermann Struck gehörten, begegnete ihm das als authentisch empfundene osteuropäische Judentum. Seine Kriegserfahrungen hat er in dem Buch „Hawdoloh und Zapfenstreich“ niedergeschrieben, während seine Erfahrungen vor Gericht in dem Buch „Schalet. Beiträge zur Philosophie des wenn-schon“ gespiegelt werden.
Seinen größten Erfolg feierte Gronemann aber mit dem Buch „Tohuwabohu“, das auf seine ganz eigene humoristische Weise die Begegnung – mit Buber: „Vergegnung“ – osteuropäischer und deutscher Juden in Berlin beschreibt. Er arbeitete in den Jahren der Weimarer Republik als Anwalt und als Syndikus des Schutzverbands Deutscher Schriftsteller. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte er mit seiner Frau Sonja nach Paris und engagierte sich für jüdische Flüchtlinge. 1935 zogen die beiden nach Tel Aviv, wo Sonja leider bei einem Unfall ums Leben kam.
Als Anwalt konnte er unter dem britischen Mandat nicht arbeiten, stattdessen verfasste er Theaterstücke und schließlich, 1946, seine „Erinnerungen eines Jecken“, die zuerst in hebräischer Übersetzung erschienen und erstmals 2002 und 2004 von Joachim Schlör im deutschen Original publiziert wurden. Die Realität des Lebens im jüdischen „Nationalheim“, geprägt von der britischen Verwaltung und dem beginnenden jüdisch-arabischen Konflikt, hat ihn ernüchtert – nach der Erfahrung in Deutschland war ihm jeder Nationalismus zuwider.
Sammy Gronemann starb 1952 in Tel Aviv und ist auf dem alten städtischen Friedhof begraben. Shalom Ben-Chorin hat ihn als den „Scholem Aleichem der Jeckes“ bezeichnet, den besten Geschichtenerzähler seiner Generation.